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Mobile Dienste

Nicole Reith hat die mobile Arbeit in Kirchberg begleitet

Seit 2016 zählt Pro Juventute zu den Anbietern der "Unterstützung der Erziehung" (TKJHG, §41) in Tirol. Kurz nach der Eröffnung des ersten Standortes in Hall folgte die Ausweitung des Angebotes in Kirchberg. Seit 2017 werden dort Familien begleitet, die sich in herausfordernden Lebensphasen befinden. Gemeinsam mit den Betroffenen werden Alltagsstrukturen reflektiert, verschiedene Handlungs- beziehungsweise Bewältigungsstrategien erarbeitet sowie vorhandene Stärken und Ressourcen hervorgehoben. Ziel ist es, Stabilität im familiären Zusammenleben herzustellen, damit die Familien zukünftig wieder selbstständig ihren Alltag bewältigen können.

Im Frühjahr 2022 hatte ich für drei Monate die Möglichkeit, das mobile Team in Kirchberg und die Teamleitung bei ihrer Arbeit zu begleiten. Ich durfte sie bei Familienbesuchen unterstützen, Besuchsbegleitungen miterleben sowie an Teamsitzungen teilnehmen. Das Team Kirchberg zählt aktuell sieben Mitarbeiter*innen, die im Bezirk Kufstein und Kitzbühel insgesamt 33 Familien betreuen. Seit Juni 2021 wird das Team durch eine Tandem-Teamleitung geführt.

Die Leitungsstruktur wird von den Mitarbeiter*innen und Leitungspersonen als äußerst positiv erlebt. Dies zeigt sich unter anderem in der gemeinsamen Reflexion und Entscheidungsfindung, einer hohen Erreichbarkeit, optimalen Vertretungsmöglichkeiten sowie einem gemeinsamen Tragen der Verantwortung. Dazu braucht es eine gute Kommunikationsbasis und die Bereitschaft zur Erarbeitung bestimmter Rahmenbedingungen.

 

In der Praxis werden in einem gemeinsamen Erstgespräch zwischen Erziehungsberichtigten, Sozialarbeiter*in und mobilem*er Familienbetreuer*in die Ziele und die Intensität der Betreuung besprochen. Diese Vereinbarungen werden in einem Hilfeplan festgehalten, der in regelmäßigen Abständen (alle drei bis sechs Monate) reflektiert und bei Bedarf angepasst wird. Die Frage nach der Dauer der Betreuung ist so individuell wie die Familien selbst. In manchen Familien kann in eins bis zwei Jahren ausreichend Stabilität wiederhergestellt werden, andere wiederum brauchen länger Unterstützung (drei bis vierJahre oder länger). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die mobile Familienbetreuung grundsätzlich als Unterstützungsleistung sieht, die langfristig keine systemerhaltenden Aufgaben übernehmen kann.

Mobile Familienarbeit lebt vom Beziehungs- und Vertrauensaufbau und findet hauptsächlich im Lebensraum der Betroffenen statt. Auch ich durfte in den privaten Bereich mancher Familien mit deren Zustimmung eintreten und konnte dabei wertvolle Erfahrungen sammeln. Vorab bekam ich von meinen Kolleginnen eine kurze Einführung über den Anlass und den bisherigen Verlauf der Unterstützung. Diese Erzählungen, die von Themen elterlicher Überforderung, gewaltvoller Übergriffe, selbstverletzendem Verhalten geprägt waren, gingen keineswegs spurlos an mir vorüber.

Die Besuche in den jeweiligen Familien und die dabei wahrzunehmende Entwicklung, die nicht zuletzt mit der Unterstützung der mobilen Familienbetreuung erreicht wurde, verdeutlichten mir jedoch, wie wirkungsvoll und richtungsweisend die Arbeit in der mobilen Familienhilfe ist.

In den von mir begleiteten Familien fanden ein bis zwei Betreuungstermine wöchentlich statt. Um den Bedürfnissen der Klient*innen bestmöglich gerecht zu werden und je nach vorhandenem Stundenkontingent wurden die Eltern- und Kindertermine getrennt voneinander organisiert. Hier kommt teilweise auch das Konzept der Co-Betreuung zum Tragen. Das bedeutet, ein*e Betreuer*in nimmt sich der Anliegen der Eltern an, ein*e weitere*r legt den Fokus auf die Kinder. Im Rahmen der Elterngespräche werden Themen besprochen, welche die Erziehungsberechtigten zum aktuellen Zeitpunkt beschäftigen. Diese Themen sind vielfältig und reichen von finanziellen und behördlichen Angelegenheiten über das familiäre Miteinander, Partnerschaft, Entwicklung der Kinder bis zu Alltagsbewältigung und vieles mehr.

Ich konnte auch miterleben, dass besonders turbulente Zeiten in einer Familie eine hohe Einsatzbereitschaft, Flexibilität und Präsenz von den Betreuerinnen verlangen. Vor allem in Krisenzeiten leistet die kollegiale Beratung einen enorm wichtigen Beitrag. Den Rahmen dafür bieten die regelmäßigen Teamsitzungen (zirka dreimal monatlich), in denen das eigene Tun reflektiert und neue Perspektiven beziehungsweise Ansichten diskutiert werden können. Diese Austauschmöglichkeit dient nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der eigenen psychischen Gesundheit. Selbiges gilt auch für Supervisionen, die zirka alle sechs bis acht Wochen stattfinden.

Neben Teamsitzungen und Supervisionen sind auch Fortbildungen ungemein wichtig. Daher wurde im Mai das erste Basismodul der Mobilen Dienste mit dem Titel "Mobile Familienhilfe im Zwangskontext" angeboten.

 

Hermann Schügerl begleitete uns zwei Tage und ließ uns an seiner jahrelangen Expertise in der aufsuchenden Familienarbeit teilhaben. In diesen zwei Tagen wurde neues Wissen generiert, aktuelle Fallbeispiele wurden besprochen und in einer wertschätzenden und humorvollen Weise unterschiedliche Themen bearbeitet. Ziel ist es, auch in den kommenden Jahren regelmäßige Fortbildungen für Mitarbeiter*innen der Mobilen Dienste anzubieten.

In diesen drei Monaten habe ich eine motivierende, aufstrebende Bewegung der Mobilen Dienste innerhalb von Pro Juventute erlebt. Der Bedarf an ambulanter Familienbetreuung wächst stetig. Dieses Handlungsfeld unterliegt zugleich speziellen Anforderungen und braucht daher entsprechende Rahmenbedingungen. In den kommenden Monaten bis Jahren wird es notwendig sein, auf diese Bedürfnisse zu reagieren, um die Betreuer*innen in ihrer täglich wertvollen Arbeit bestmöglich zu unterstützen.

Zur Autorin:

Nicole Reith absolvierte unser Trainee-Programm und arbeitet nun als Teamleiterin von Pro Juventute Mobil Innsbruck.

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