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Was macht Corona mit unseren Kindern?

Wie wollen wir Kindern und Jugendlichen Sicherheit vermitteln? Ein Vortrag von Dr.in Martina Leibovici-Mühlberger zeigt, wie wichtig für Kinder gerade jetzt Stabilität und Struktur sind.

Anforderungen an Erziehung haben sich grundlegend geändert: Die Welt ändert sich derart rasant, dass es einfach nicht mehr reicht seine selbst erlebte Erziehung mehr oder weniger adaptiert weiter zu geben. Der gesellschaftliche und technische Wandel verändert die Anforderungen an Erziehung.

In all dieser Veränderung können wir uns aber auch an einigen Konstanten orientieren. Eine davon ist das Konzept der Salutogenese, die Gesunderhaltung. Kann der Mensch die Welt verstehen, hat er das Gefühl sie gestalten zu können und sieht er darin einen Sinn, erlebt er Kohärenz.

Wie wichtig das Erleben von Kohärenz ist kann man auch daran ermessen, dass das Gehirn in diesem Zustand am wenigsten Energie verbraucht.

Angriff auf das Kohärenzgefühl

Offensichtlich gibt es nichts zu verbessern oder auszugleichen, wenn Kohärenz herrscht. Natürlich wird dieser Zustand permanent durch vielerlei Einflüsse torpediert. Es ist eine laufende Herausforderung Kohärenz wiederherzustellen. Durch Corona erfolgt allerdings zusätzlich ein „Großangriff“ auf das Kohärenzgefühl unserer Kinder und Jugendlichen:

Verständlich erklären

Was ist eigentlich ein Virus? Diese Frage können wohl nur wenige begreifbar erklären. Die ständig sich verändernden Vorschriften in Bezug auf Schule und Alltag sind vielen Menschen schlecht nachvollziehbar: Es ist ein beliebtes Smalltalk- Thema geworden über die Sinnlosigkeit der Maßnahmen zu diskutieren. Wie wirkt sich das auf unsere Kinder aus, wenn wir Gesetze und Regeln für sinnlos und dumm halten? Wie wollen wir den Kindern und Jugendlichen Sicherheit vermitteln, wenn wir uns selbst nicht auskennen und möglicherweise die Regelungen der Regierung vor ihnen in Frage stellen?

Eingeschränkte Gestaltungsfreiheit

Die ohnehin eingeschränkte Gestaltungsfreiheit unserer Kinder und Jugendlichen wird durch offizielle und Haus- Coronaregeln noch mehr eingeschränkt. Viele Regelungen sind selbst wandelbar oder werden diffus gehandhabt.

Sinn vermitteln

Es gibt naturgemäß viele Vorschriften, Einschränkungen und Anforderungen, die von unseren Kindern und Jugendlichen als nicht sinnvoll anerkannt werden. Immer wieder kommt es dann zu Diskussionen, in denen wir deren Sinnhaftigkeit mit Überzeugung verteidigen. Auch wenn wir nicht überzeugen können, erleben uns die Kinder dennoch als „Fels in der Brandung“. Vielleicht sind sie wütend auf uns, aber sie erleben uns als Halt in ihrem Leben. Halt gibt Sicherheit, auch wenn Uneinigkeit herrscht. 

Wie oft erleben uns die Kinder und Jugendlichen in Corona-Angelegenheiten jedoch verunsichert und ohne Überzeugung, dass die Regelungen Sinn machen? Diese Inkohärenz verursacht eine permanente Hintergrundunsicherheit.

Was können wir tun?

Soziales Lernen ist nur in Sicherheit möglich. Wir können Sicherheit vermitteln, indem wir viel Kuscheln, Nähe bieten. Wichtig ist dabei viel Aufmerksamkeit zu bieten. Es geht nicht um Beschäftigung für die Kinder, sondern sie wahrzunehmen. Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist es Sicherheit durch Nähe zu vermitteln. So können synaptische Netzwerke für Kontakt, Nähe und Gemeinschaft gefördert werden, die ansonsten verkümmern („use it or loose it“). 

Unsere Jugendlichen beschäftigen sich mit zwei großen Entwicklungsthemen: Einerseits Autonomie, in Besitz nehmen, selbständig und unabhängig werden und andererseits ihren Platz in der Gesellschaft finden. Dies trainieren sie in ihren Peergroups, wo nachgeben und sich durchsetzen erprobt wird.

Durch Corona fehlt nun diese Bühne für ihre Selbstfindung. Ein Drittel der Jugendlichen geht von schlechten Zukunftsaussichten für sich aus. Sie laufen Gefahr, negative Überzeugungen über sich und ihre Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Motivation sinkt und das Träumen von einer gelingenden Zukunft wird erschwert. Es ist anzunehmen, dass unsere Jugendlichen davon überdurchschnittlich betroffen sind. 

Um dem etwas entgegenzuhalten können wir Jugendliche fördern, ihnen Verantwortung übertragen und auf Augenhöhe Zuversicht vermitteln. Ihre Sorgen, Ängste und Befürchtungen ernst nehmen bzw. erfragen und gemeinsam Lösungswege suchen und entwickeln. 

Für alle Kinder und Jugendlichen ist zeitliche und örtliche Struktur jetzt besonders wichtig: Ein geregelter Tages- und Wochenablauf mit Lernen, Essen, Arbeiten für Kinder und Erwachsene und Zeiten, in denen man gemeinsam etwas unternimmt, spielt. Kinder sollen die Möglichkeit haben zu basteln, zu gestalten zu schaffen. So kann ein Gefühl entstehen, die Situation im Griff zu haben und sogar einen Gewinn daraus zu ziehen. 

Wir Erwachsene müssen vermitteln, dass wir das schaffen werden und die Krise vorübergehen wird. Über die Belastungen sprechen können ist ein wichtiges Ventil für Kinder und ermöglicht das Wahrnehmen der Bedürfnisse. Ein Grundbedürfnis, wahrgenommen und gesehen zu werden, kann so bedient werden. Und auch das gemeinsame Suchen von Möglichkeiten zur Abhilfe ist ein Ausdruck von Wertschätzung und Zuneigung. 

Durch Corona wird sich einiges ändern. Veränderung gehört zum Leben dazu, zu jeder Zeit hat es gesellschaftliche Veränderungen gegeben, die häufig als Verschlechterung gefürchtet wurden. Oft hat diese Veränderung dann aber eine Entwicklung ins Positive bewirkt, die sich viele anfangs gar nicht vorstellen konnten. Wir alle haben solche Prozesse selbst miterlebt und können Kinder an unseren Erfahrungen teilhaben lassen. Und gemeinsam überlegen, was sich aus dieser Krise Gutes entwickeln wird können.

Unser Kollege Erich Mayer hat den Vortrag von Dr.in Martina Leibovici-Mühlberger, MSc (Praktische Ärztin, Gynäkologin, Ärztin für Psychosomatik und Psychotherapeutin) zusammengefasst. Mehr Infos unter fitforlife.at

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